Logo der Apotheken Umschau

Eins haben alle Menschen gemeinsam: Eines Tages stirbt jeder. Wer sein Erbe gut verwaltet haben will, sollte sich darum rechtzeitig kümmern. Im Informatikzeitalter gehört dazu auch der digitale Nachlass. Also alles Mögliche, was Sie im Internet oder digital hinterlassen.

Wir zeigen, was Sie vorbereiten sollten, damit Ihr digitaler Nachlass nach Ihrem Tod gut geregelt wird. Und, warum es wichtig ist, Accountleichen zu vermeiden.

Was ist der digitale Nachlass?

Zum digitalen Nachlass gehören Daten wie Dokumente, Spiele, Musik oder Bilder auf Datenträgern wie USB-Sticks, Festplatten oder CDs. Auch Websites oder Nutzeraccounts – zum Beispiel auf sozialen Netzwerken – können unter den digitalen Nachlass fallen.

Was passiert nach meinem Tod mit meinem digitalen Nachlass?

Wenn nicht anders festgelegt, werden Dinge wie Datenträger im Normalfall an Ihren nächsten Verwandten vererbt. Falls Sie keine Anweisungen gegeben haben, müssen sich die Erben um den digitalen Nachlass kümmern. Inaktive Konten werden für Gewöhnlich nicht automatisch gelöscht. Wer etwa Facebook-Accounts gelöscht haben will, sollte darum jemanden beauftragen.

Wie kann ich für meinen digitalen Nachlass vorsorgen?

Legen Sie eine Liste mit wichtigen Konten an – zum Beispiel von sozialen Netzwerken, Online-Banking-Accounts, Streamingdiensten oder Onlineshops. Notieren Sie Anmeldenamen, Passwort und, was mit den Konten passieren soll.

Je nachdem, wie viel Sie im Internet unterwegs sind, kann das dauern. Davon sollten Sie sich nicht abschrecken lassen, wie Christine Steffen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erklärt. „Die Menge kann einen erschlagen. Und keiner will sich mit seinem eigenen Tod beschäftigen“ sagt Steffen. „Aber man muss nicht alles auf einmal machen: Nutzen Sie am besten die Salamitaktik.“ Das heißt: Schreiben Sie erstmal die für Sie wichtigsten Accounts auf. Arbeiten Sie regelmäßig Ihre Liste ab, bis alles erledigt ist. Denken Sie daran, Ihre Daten immer aktuell zu halten.

Wichtig: Auch Zugangsdaten für Ihr Smartphone oder andere technische Geräte sollten Sie mitangeben. Wenn Sie eine Zweifoktorauthentifizierung nutzen, stellen Sie sicher, dass Ihre Erben den Zugang zur Schlüsselgenerierungssoftware erhalten. Das kann zum Beispiel eine App auf Ihrem Smartphone sein.

Was soll ich mit der Liste machen?

Weihen Sie eine Vertrauensperson in Ihre Liste und deren Standort ein. Stellen Sie dieser Person eine Vollmacht aus. Die sollte über den Tod hinaus, aber auch zu Lebzeiten gelten. Zum Beispiel für den Fall, dass Sie im Koma liegen. Eine Mustervollmacht finden Sie auf der Website der Verbraucherzentralen[1]. „Fragen Sie Ihre Vertrauensperson aber vorher, ob sie für diese Aufgabe überhaupt bereit ist“, sagt Steffen von der Verbraucherzentrale NRW. „Und weihen Sie auch Ihre Familienmitglieder ein. So kann man am besten signalisieren, wie man den digitalen Nachlass konkret geregelt haben möchte.“

Die Liste sollten Sie an einem sicheren Platz lagern. Oft wird zu einem Tresor oder ein Bankschließfach geraten. Im Grunde kann auch ein sicherer Ort in Ihrer Wohnung reichen. Dr. Marit Hansen, Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, betont, dass die Vertrauensperson das Versteck kennen muss: „Es wäre ein Risiko, eine Papierliste mit Zugangsdaten in ein Buch im Regal zu legen, denn man kann sich nicht darauf verlassen, dass die Erben jedes Buch durchblättern“, sagt Hansen. „Vielleicht landen dann sensible Daten bei Haushaltsentrümplern oder gelangen beim Verkauf in falsche Hände.“

Hansen rät, Papierlisten in einen Umschlag zu packen, zuzukleben, zu beschriften und bei anderen wichtigen Dokumenten zu lagern, die Erben später untersuchen werden. Zum Beispiel bei Versicherungsunterlagen oder Kontoauszügen.

Kann ich digitale Datenträger nutzen?

Wer keine Papierliste anlegen will, kann die Informationen auch digital speichern. Zum Beispiel auf einem USB-Stick. Verschlüsseln Sie den am besten mit einem Passwort und verstecken Sie ihn an einem sicheren Ort. Denken Sie daran, der Vertrauensperson Passwort und Standort zu nennen.

Datenschützerin Hansen weist darauf hin, dass die Vertrauensperson auch ausreichend digital affin sein sollte, um mit USB-Sticks oder anderen digitalen Listen umgehen zu können. „Und USB-Sticks sind klein und können verloren gehen, man sieht ihnen die Wichtigkeit gar nicht an“, so Hansen.

Eine andere Möglichkeit sind Passwortmanager: In so einer Software können Sie Zugangsdaten für all Ihre Accounts speichern. Der Passwortmanager selbst ist dabei mit einem eigenen Kennwort gesichert.

Alternativ können Sie Ihre digitale Liste auch in einen Clouddienst laden und der Vertrauensperson die Zugangsdaten zu hinterlassen. Das sieht Hansen eher kritisch. „Es ist bekannt, dass Cloudanbieter manchmal dazu gezwungen werden, auch ausländischen Behörden Zugriff auf die Daten zu verschaffen“, so Hansen. „Dann sollten die wichtigen Daten nicht ungeschützt in der Cloud sein.“

Wer seine Daten in die Cloud laden will, sollte sie darum vorher verschlüsseln. Auch hier gilt: Informieren Sie Ihre Vertrauensperson entsprechend.

Sollte ich Onlinedienste nutzen?

Es gibt auch Onlinedienste, die nach Ihrem Tod den Nachlass verwalten können – für Geld. Davon rät Steffen von der Verbraucherzentrale NRW ab: „Solche Anbieter kosten nicht nur Geld. Es kann auch keiner garantieren, ob es die Firma nach ihrem Tod immer noch gibt oder sie den Vertrag genauso einhält“, sagt Steffen. „Ein Toter kann es ja selbst nicht mehr kontrollieren. Außerdem raten wir davon ab, die sensiblen Zugangsdaten auch noch einem weiteren Anbieter gesammelt zu übermitteln, das birgt Sicherheitsrisiken.“

Andere Dienste bieten an, im Namen der Erben Accounts von Verstorbenen im Internet zu suchen. Datenschützerin Hansen sieht in bestimmten Fällen eine Berechtigung für solche Dienste. „Das kann – quasi als neutrale Instanz – manchmal sogar hilfreich sein, wenn die Erben einander nicht über den Weg trauen“ so Hansen.“ Hier sollte man aber auch mit einem Notar oder Anwalt zu Rate ziehen..“

Wer Hilfe durch so einen Dienst braucht, sollte laut der Datenschützerin aber unbedingt auf die Seriosität des Unternehmens achten. „Fallen Sie nicht auf Scharlatane herein, die mit unlauteren Absichten gerade erst ihr Angebot begonnen haben“, sagt Hansen. „Oder Dienste, deren, Gerichtsstand so weit weg von Deutschland ist, dass man sein Recht nicht wirkungsvoll vor einem Gericht durchsetzen könnte, wenn man unzufrieden ist.“

Was passiert, wenn ich meinen digitalen Nachlass nicht regle?

Wenn Sie vorab nichts festlegen, bekommen automatisch Ihre Erben die Verantwortung für Ihre Daten und Konten. Ohne Zugangsdaten müssen diese den Diensten erst einen Nachweis Ihres Todes erbringen. Meist ist das ein Erbschein. Den zu beantragen kostet Geld und Zeit – und in dieser laufen Dinge wie Abos für Streamingdienste weiter. Doch das ist nicht das einzige Problem, sagt Verbraucherschützerin Steffen: „Es kommt auch das Emotionale hinzu: Der Tod einer geliebten Person produziert im Normalfall Trauer“, so Steffen. „Da ist es eine unglaubliche Erleichterung, wenn man konkret im Vorfeld gesagt hat, wie es laufen soll und Zugangsdaten geliefert hat.“

Was, wenn mir egal ist, ob ich als Accountleiche weiterlebe?

Auch wenn das Ihrer Einstellung entspricht: Es kann dennoch wichtig sein, dass Ihre Erben Zugriff auf Ihre Konten haben – um zum Beispiel Fotos aus Clouddiensten oder Facebook-Accounts zu löschen. Denn solche Accountleichen können sonst ein Sicherheitsrisiko werden, erklärt Verbraucherschützerin Steffen. Wenn Unbekannte durch Datenlecks oder kriminelle Hackerangriffe an private Fotos kommen, können diese missbraucht werden. So können Betrüger Bilder von Ihnen oder ihren Liebsten für gefälschte Accounts nutzen. „Das Internet vergisst nichts und die zunehmenden Fälle von Datenleaks und Identitätsdiebstahl zeigen, welche Risiken auch in Zukunft damit einhergehe“, sagt Steffen.

Die Verbraucherschützerin rät darum, schon zu Lebzeiten Datenminimierung zu betreiben. „Dem durchschnittlichen Internetnutzer fallen sicher 20 bis 30 Accounts ein, die er schon heute löschen könnte, weil er sie einfach nicht mehr nutzt“, sagt Steffen.

Wer schon zu Lebzeiten prüfen will, ob seine E-Mail-Konten von Datenlecks betroffen sind, kann unter anderem den Identity Leak Checker des Hasso-Plattner-Instituts[2] nutzen.

Was ist, wenn ich keine Verwandten habe?

Falls kein gesetzlicher Erbe Ihren Nachlass erben kann, bekommt ihn der Staat. „Der wird sich aber nicht um Dinge wie Facebookaccounts kümmern“, sagt Verbraucherschützerin Steffen. Wer nicht als Accountleiche weiterleben will, sollte darum jemanden finden, den sie oder er beauftragen kann. Reden Sie im Zweifel mit Ihrem Anwalt.

Facebook, Google und Apple: Was die großen Dienste anbieten

Einige Dienste bieten ihren Nutzerinnen und Nutzern an, eine Art Nachlassverwalter anzugeben. Das geht in den Einstellungen.

Bei Facebook kann der Account nach dem Tod in den Gedenkstatus versetzt werden. Der Nachlasskontakt kann unter anderem einen fixierten Beitrag in Ihrem Profil schreiben. Zugriff auf das Konto oder Nachrichten hat er nicht. Alternativ können Sie bestimmen, dass Ihr Konto nach Ihrem Tod gelöscht wird.

Bei Google können Sie in den Einstellungen einen „Plan für Ihr digitales Erbe“ festlegen. Sie können bis zu zehn Personen als „Kontoinaktivität-Manager“ angeben und bestimmen, auf welche Daten die nach Ihrem Tod zugreifen können – zum Beispiel auf Daten in Google-Mail. Die Personen werden erst nach einer festgelegten Zeit benachrichtigt, in der Ihr Konto inaktiv ist und haben auch nur für eine begrenzte Zeit Zugriff.

Ähnliches bietet auch Apple für seine Nutzerinnen und Nutzer an: Hier muss der Nachlasskontakt aber auch eine Sterbeurkunde vorzeigen, um Zugriff auf die Daten zu bekommen.

Wie finde ich meine alten Konten?

Wer sich nicht an alle Konten und Zugangsdaten erinnert, kann verschiedene Tricks nutzen: Durchsuchen Sie Ihr E-Mail-Postfach nach Mails von Anbietern wie Onlineshops oder sozialen Netzwerken. Wenn Sie den Accountnamen kennen, aber nicht mehr das Passwort, können Sie die „Passwort vergessen“-Funktion auf der jeweiligen Website nutzen. Accountdaten können auch im Browser gespeichert sein. Prüfen Sie dafür die Einstellungen Ihres Browsers.

Beratung: Christine Steffen, Rechtsexpertin (Syndikusrechtsanwältin) Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und Dr. h.c. Marit Hansen, Diplom-Informatikerin sowie Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein


Quellen: